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05.04.2025, 14:07 Uhr
KK
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Zitat: | Guido schrieb Ich bin dann mal raus, das wird mir hier jetzt zu schwurbelig. |
Der Begriff "Schwurbler" für Leute, die gängige Narrative in Frage stellen, wurde schon während Corona oft benutzt. Jetzt, ein paar Jahre später, nach dem Freiklagen RKI-internen Schriftverkehrs und mittlerweile auch öffentlich-rechtlich thematisierter Impfschadenproblematik, stellt sich heraus, die Schwurbler hatten recht. Ich würde also zur Vorsicht mit derartigem Vokabular raten.
Eine weitere Gemeinsamkeit, die die Diskussionen um Corona und Kernkraft verbindet, ist die hochemotionale und teilweise erbittert starrsinnige Sichtweise mancher Diskutanten. Einmal gewählte Standpunkte werden um jeden Preis verteidigt und sachliche Argumente ohne nähere Betrachtung verworfen. Das ist schade, denn die Basis von Standpunkten kann sich ändern und dann ist es keine Schande, den eigenen Standpunkt zu überdenken.
Auch ich war bis vor einigen Jahren noch gegen Atomkraft. Besonders nach Fukushima war ich entsetzt über die dünne Abschottung der Reaktorkerne zur Außenwelt dort und die hohe Abhängigkeit von funktionierender Stromversorgung. Zudem hatten wir mit Tschernobyl schon einen Störfall mit dramatischen Folgen. Das nicht geklärte Endlagerproblem und das ohnehin allgemeine Unbehagen gegenüber Radioaktivität sind Argumente, die auch ich teilte. Bis ich mich um 2018 herum mehr oder weniger zufällig tiefer mit der Materie befaßte. Und feststellen mußte, daß zwischen Berichterstattung und Realität auch bei diesem Thema erhebliche Differenzen bestehen. Generell wird über Kernkraft selten nüchtern wissenschaftlich, sondern meist grob übertrieben alarmistisch propagiert. Nehmen wir als Beispiel Tschernobyl. Die gängige öffentliche Meinung geht von Zehn- bis Hunderttausenden Toten als direkter oder indirekter Folge aus. Nach einer Studie der WHO liegen die tatsächlichen Zahlen jedoch bei ca. 50 Toten unmittelbar nach dem Vorfall (hauptsächlich vor Ort anwesende Feuerwehr, Ersthelfer und Mitarbeiter des KKW) sowie einige Tausend an Spätfolgen Verstorbene. Siehe u.a. Veröffentlichung im Ärzteblatt:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/tschernobyl-opferzahlen-der-who-293f4a01-9729-426a-a9ab-28a3bf2ea550
In Fukushima gab es keinen einzigen auf den Unfall zurückzuführenden Toten. Historisch betrachtet, datieren die meisten schweren Störfälle (INES 4 oder höher) in den 50er bis 70er Jahren, danach 6 in den 80ern Seit den 90ern nur noch vier.
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Unfällen_in_kerntechnischen_Anlagen
Fukushima 2011 war der bisher letzte. Weltweit sind derzeit 417 Kernreaktoren in Betrieb. Mit deren Laufzeit aufgerechnet, ist die Störfallquote sehr gering und mit zunehmender Erfahrung hat sich die Sicherheit der Anlagen bedeutend verbessert. Nun kommt gewöhnlich das Argument, ja aber wenn was passiert, dann mit verheerenden Folgen, zig Toten und für immer unbewohnbaren Landstrichen. Ist das so? Zweifellos ereignete sich 1986 in Tschernobyl der schlimmste Atomunfall aller Zeiten. Wieviele Menschenleben er kostete, steht schon weiter oben. Das Gebiet um das Kraftwerk wurde evakuiert und ist seitdem Sperrgebiet. Dennoch lebten 2006 immer noch 6 Millionen Menschen in den kontaminierten Landstrichen. Teile des Kraftwerkes wurden sogar unmittelbar nach dem Unfall weiterbetrieben, mit Personal vor Ort. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat interessante Daten zu den gesundheitlichen Folgen des Unfalls veröffentlicht.
https://www.bfs.de/DE/themen/ion/notfallschutz/notfall/tschornobyl/gesundheitsfolgen-sowjetunion.html
Aus den Zahlen läßt sich auch ableiten, daß die Strahlenbelastung keineswegs so katastrophal ist, wie gemeinhin angenommen. In der Zone leben nicht nur Menschen, die längst tot sein müßten, sie hat sich sogar zu einem beliebten Ziel für Abenteuertouristen entwickelt. Für radioaktive Strahlung gilt das Gleiche wie für alles andere, die Dosis macht das Gift und bis zu einer gewissen Grenze kommen Lebewesen damit gut klar. Es mag furchteinflößend klingend, wenn von einer 10fach erhöhten Strahlenbelastung gesprochen wird, in Wirklichkeit ist selbst das nicht so dramtisch. In Deutschland liegt die durchschnittliche natürliche Hintergrundstrahlung bei 2,1 Millisievert pro Jahr. Ein einziger Interkontinentalflug bspw. nach New York, belastet die Piloten schon mit bis zu 0,075 Millisievert. Pro Jahr bekommt fliegendes Personal zwischen 2 und 6 Millisievert zusätzlich ab, zum Vergleich ein Arbeiter im AKW nur 1,1. Raucher führen sich freiwillig über 8 mSv zu und wer im Schwarzwald wohnt, lebt mit 20mSv natürlicher Strahlung. In der Umgebung eines KKW treten dagegen lediglich zusätzliche 0,001–0,005 mSv pro Jahr auf. Mehr Zahlen u.a. hier:
https://www.kkg.ch/de/wissen/uran-radioaktivitaet/radioaktivitaet-1129.html
Nein, Radioaktivität ist selbstverständlich nicht harmlos und ein GAU ganz sicher keine Bagatelle. Ich will damit nur ausdrücken, daß die Risiken von Kernkraft entgegen der Schwarzmalerei bestimmter Gruppen sehr wohl kalkulierbar ist und nicht jeder Störfall zur Katastrophe führt. Ganz besonders nicht unter dem Aspekt der hohen Sicherheitsanforderungen moderner Kernkraftwerke und einem gestiegenen Sicherheitsbewußtsein als Lerneffekt aus den bisherigen Unfällen. Die jüngsten und schwersten GAUs in der Ukraine und Japan waren genau genommen eine Folge vorsätzlicher Fahrlässigkeit in Verbindung mit schlechter Technologie (Tschernobyl) bzw. undurchdachter Konstruktion (Fukushima). Fehler, die man nicht wieder machen wird.
OK, aber was ist mit dem Atommüll? AKWs produzieren doch jede Menge ewig strahlenden Abfalls, den keiner gern in seinem Garten hat, oder? Prinzipiell gilt das für herkömmliche AKWs schon und ist eine unangenehme Sache auch für folgende Generationen. Trotz Aufbereitung und teilweiser Wiederverwendung bleibt immer noch zu viel übrig. Was wäre nun, wenn es gelänge, nicht nur keinen neuen Atommüll zu produzieren, sondern den vorhandenen als Rohstoff zu nutzen? Das Zauberwort heißt Transmutation. Es gibt Reaktorkonzepte, die die sehr langlebigen Isotope herkömmlichen Atommülls als Brennstoff nutzen können, indem sie diese per Neutronenbeschuß in für die Energieerzeugung nutzbare Isotope verwandeln und nur relativ kurzlebige Isotope als Abfall hinterlassen, welche nach spätestens 300 Jahren auf natürliches Niveau abgeklungen sind. Was da am Ende übrig bleibt, strahlt nicht mehr als das Uran, was im Bergbau gefördert wird und solange man es nicht futtert oder unters Kopfkissen legt, für Menschen wenig gefährlich ist. Solche Reaktoren gibt es in Form von Flüssigsalzreaktoren schon lange. In den 60ern haben die Amis in Oak Ridge damit erfolgreich experimentiert, das Prinzip aber für die Praxis verworfen, weil es kein waffenfähiges Plutonium produzieren konnte. Die Chinesen wollen noch in diesem Jahr einen Flüssigsalzreaktor zu Forschungszwecken in Betrieb nehmen.
https://spectrum.ieee.org/chinas-thorium-molten-salt-reactor
Neben der Möglichkeit, fast jedes strahlende Material als Rohstoff verwenden zu können, haben diese Reaktoren noch weitere erhebliche Vorteile gegenüber klassischen Verfahren. Zum einen besitzen sie aufgrund eines negativen Temperaturkoeffizienten selbstregelnde Eigenschaften. Das heißt, bei steigender Temperatur nimmt die Reaktion ab und pendelt sich ganz ohne externes Zutun auf einem stabilen Niveau ein. Kernschmelze kann physikalisch bedingt also nicht auftreten, auch nicht bei Ausfall peripherer Technik oder durch Fehlbedienung. Wegen der Selbstregulierung benötigt der Reaktor keine Kühlung, es muß nur die Nutzenergie abgeführt werden. Dadurch kann man ihn sehr platzsparend und unabhängig von Kühlwasserquellen bauen, ggfs. sogar geschützt unter der Erde. Letztendlich sind auch die Kosten für den Bau eines Kraftwerkes auf dieser Basis sehr viel geringer. Folgekosten für die Entsorgung des Atommülls entstehen ebenfalls kaum, da dieser bis zum Abklingen direkt im Kraftwerk verbleiben kann. Eine deutsche Firma griff das Prinzip schon letztes Jahrzehnt auf und entwickelte es weiter, mußte wegen der deutschen Antikernkraft-Politik jedoch nach Kanada ausweichen und will den ersten Versuchsprototypen demnächst in Ruanda bauen.
https://dual-fluid.com/de/
Zufällig ist heute bei Achgut ein Artikel dazu erschienen.
https://www.achgut.com/artikel/die_kernkraft_und_die_cdu_csu_energiewende_mit_dem_dual_fluid_reaktor/P56#comment_entries
Im Vergleich zu den Ausgaben für Erneuerbare Energie aus Wind und Sonne mit all ihren Rattenschwänzen würde schon ein Bruchteil davon die Entwicklung solcher zukunftsträchtiger und sicherer Kernkraftechnologie auf die Beine helfen und sie in überschaubarer Zeit praxisreif werden lassen. Stell dir vor, es gibt fast unerschöpfliche, kostengünstige und stets verfügbare Energie, ohne Umweltbelastung und ohne verschandelte Landschaften. Ich hoffe, das bleibt nicht nur ein Traum. |