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Robotrontechnik-Forum » Technische Diskussionen » Color 20 » Themenansicht

Autor Thread - Seiten: -1-
000
11.02.2022, 12:12 Uhr
P.S.



Ich will jetzt nicht Richis Thread https://www.robotrontechnik.de/html/forum/thwb/showtopic.php?threadid=17906 weiter zerpflücken, aber in <351> hatte LoSch geschrieben, daß im Schaltplan vom Color 20 - Quelle rfe - NSW-Transistoren zu finden sind.
Das hatte ich anders in Erinnerung. Deshalb hier mein Statement dazu:
Nachdem ich mir den rfe-Schaltplan besorgt hatte, mußte ich allerdings beim genaueren Hinsehen feststellen, daß er tw. doch recht hat. Es sind tatsächlich im Bild-ZF-Verstärker noch NSW-Transistoren eingezeichnet worden. In späteren Schaltplänen - derer gab es offensichtlich viele (z.B. die Service-Unterlagen, die ich mal hatte) - waren die dann gegen SF235 o.ä. aus dem HFO ersetzt worden (planmäßiger Produktionsbeginn: 1970).

In einem anderen Beitrag fand ich dazu auch eine Erklärung.
Ursprünglich sollte der Color 20 erst für 1970 planmäßig fertig sein, aber angesichts des 20. Jahrestages der DDR war es eben ein Politikum den Termin ein Jahr vorzuziehen! Die Konsequenzen waren dann halt NSW-Übergangsimporte für BE, die sich zwar in Eigenentwicklung befanden, aber noch nicht in Serien-Stückzahlen zur Verfügung standen. So auch die Übergangslösung mit den 3x EY51 im "Öltopf", anstatt der Selenstäbe für die Hochspannungskaskade. Schwierigkeiten gab's auch mit anderen BE während der weiteren Produktion. Da wurden öfter mal andere eingesetzt. Das hing u.a. auch mit der sog. Ge-Ablösung zusammen, d.h. die Ge-Transistoren (GFxxx, GCxxx) aus dem HFO sollten aus der unwirtschaftlichen Produktion, weil sie noch in händischer Montage hergestellt wurden (mit Hilfe vieler polnischer Arbeitskräfte). Anstelle dessen sollten die moderen Si-Transistoren verwendet werden, weil diese bereits weitgehend mittels automatischen arbeitenden Anlagen hergestellt wurden. Bei technischer Notwendigkeit, z.B. wenn es unbedingt ein pnp-Transistor in der Schaltung sein mußte, wurden noch übergangsweise Ge-Transistoren aus der UdSSR, Polen und Rumänien importiert - für den Service ein fast undurchschaubares Abenteuer!

Noch eine Ergänzung dazu:
Vor einiger Zeit hatte ich mal eine Info vom damaligen Direktor für Technik der VVB Bauelemente und Vakuumtechnik (VVB BuV), daß bereits 1965/66 (!) die ZRF-Leute bei ihm waren mit einer BE-Liste, die alle für den in Entwicklung befindlichen "Color 20" vorgesehen waren. Da das Staatsplanthema unter VVS lief, durfte keiner der Untergebenen davon was wissen. Also mußte der Herr Direktor selbst ran, BE-Vergleichslisten wälzen und eine Ablösekonzeption erarbeiten. Das ist dann auch gelungen mit vielen Kopfständen - wie bekannt. Einige neue Si-Transistoren wurden in den F/E-Plan vom HFO eingeordnet (z.B. SF235, SF150), andere BE konnten aus den RGW-Staaten bezogen werden, aber nach wie vor war das Bildröhrenproblem ungelöst. Es stand zwar die WF-Entwicklung (Neidhard) nach wie vor im Raum, aber um die Möglichkeiten einer schnellen Produktionseinführung auszuloten, durften die hohen Herren sogar Bildröhrenhersteller im NSW zwecks evtl. Lizenznahme besuchen. Dann kam jedoch das Angebot aus der UdSSR den DDR-Bedarf an Farbbildröhren decken zu wollen. Auf Ministerebene wurde zu schnell ein Lieferabkommen abgeschlossen, ohne Berücksichtigung der in der DDR geltenden TGL. Die Bildröhren wurden nach GOST geliefert - mit all den bekannten Problemen. Der o.g. Direktor durfte auch mal das sowjetische Farbbildröhrenwerk besuchen. Wegen der Hitze in der Fabrikhalle standen überall die Fenster offen und weil zu dieser Jahreszeit gerade die Linden blühten, flog überall solches Blütenzeug rum - war sicherlich nicht im Sinne einer hohen Qualität, sei's beim Bildschirm, als auch beim Systemaufbau ...

Soviel zur Erklärung zum "Color 20" ...

Das Wissen der Menschheit gehört allen Menschen! -
Wissen ist Macht, wer nur glaubt, der weiß nichts! -
Aber - Unwissenheit schützt vor Strafe nicht! -
Gegen die Ausgrenzung von Unwissenden und für ein liberalisiertes Urheberrecht!
PS

Dieser Beitrag wurde am 11.02.2022 um 12:16 Uhr von P.S. editiert.
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001
11.02.2022, 15:12 Uhr
mark1111



@P.S.

Color 20: Der Name leitet sich von "zum 20. Jahrestag der DDR" ab. Ich selbst habe zwar nur wenige Color 20 repariert, mein Kollege war Spezialist für diese TVs. In den 80ern gab es dann nicht mehr sehr viele. Mit den BE-Bestückung war das wirklich so, kann ich bestätigen. Während meiner Lehrzeit hatte ich dem Kollegen öfters mal "über die Schulter geschaut". Die allerersten Geräte, von denen mein Kollege einige auf seinem Platz zur Reparatur hatte, hatten noch die CV10-Verzögerungsleitung sowie in den RGB-Endstufen die Transistoren HF871 (siehe Bild). Auch die Ausführung mit den EY51 war da mit vertreten. Mein Lehrmeister sagte dazu, daß die Betriebsspannung der RGB-Endstufen nicht ausreiche, um die Farbbildröhre kontrastreich anzusteuern, was darauf zurückzuführen war, daß nur der SF150 (max. UCB=160V) für die RGB Endstufen zur Verfügung stand. 200V wären erforderlich gewesen. Das Ergebnis war ein (subjektiv) empfundenes blasseres Farbbild gegenüber dem Rubin/Raduga.



In meiner Ausbildung zum Funkmechaniker in der Betriebsberufsschule des VEB MKD Dresden auf der Meschwitzstraße hatten wir 1979 als erste Ausbildungsklasse das Fach Farbfernsehtechnik, das auch als Abschluß anerkannt wurde. Der Dozent war ein Hr. Dr. Gubsch (vom ZRF), der nach seinen Ausführungen an der Entwicklung des Color 20 beteiligt gewesen sein soll. Er sagte sinngemäß: Die Entwicklung des Color 20 basierte auf der 56er Telefunken-Farbbildröhre, die natürlich für die Serienproduktion nicht zur Verfügung stand. Die sowj. Bildröhren 59LK3Z, die dann eingesetzt wurden, waren wegen der Hochspannungsüberschläge und internen Schlüsse für die Ausfälle im Video und Hochspannungsteil verantwortlich, die mit der Telefunken-Röhre nicht auftraten.
Nur jede 3. sowjetische Farbbildröhre soll angeblich voll funktionsfähig gewesen sein.

Frage: Welche NSW-Transistoren waren im ZF-Verstärker? Würde mich mal interessieren.

Viele Grüße
mark1111

Dieser Beitrag wurde am 11.02.2022 um 15:14 Uhr von mark1111 editiert.
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002
13.02.2022, 22:53 Uhr
LoSch



Es sind diese wunderbaren Randgeschichten von Euch, die diese Bildröhren Entwicklungen so plastisch machen:

Die mit Lindenblüten gefüllte Werkshalle des sowjetischen Farbbildröhrenwerkes erinnert an ein
fünf Jahre späteres Bildröhren-Drama im Westen, bei SABA im Schwarzwald, Inbegriff höchster
(west)deutscher Unterhaltungselektronik. SABA wollte einer Übernahme durch Grundig ausweichen
und ging eine unglückliche Kooperation mit GTE (General Telephone & Electronics Corporation) ein.
Die GTE drückte den Einbau ihrer Sylvania-Bildröhren aus Belgien durch, die nach kurzer Betriebszeit ausfielen. SABA verlor das Vertrauen der Kunden ausgerechnet zum Farbfernseh-Boom der Fußballweltmeisterschaft 1974. Leider war der Niderhang nicht aufzuhalten.
um 1988 wickelte der französischen Elektro-Konzern Thomson-Brandt die SABA ab, ebenso wie Nordmende und Dual, die leider auch keinen technischen Anschluß an die CD und Video Technik der Japaner mehr fanden und nur noch Frontplatten mit ihrem Markenzeichen auf den japanischen Geräten montieren lassen konnten, den treuen deutschen Kunden zu Liebe, heute gesuchte Klassiker wie DUAL CD120 und SABA CDP380.

@mark1111: Es waren BF167 und BF173, offenbar noch Juni 1971
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003
13.02.2022, 23:08 Uhr
mark1111



@LoSch:

Mir ist es gelungen, ein altes Schaltbild vom Color 20 von Juni 1969 zu finden. Dort sind noch die oben genannten BF`s und in den RGB-Endstufen BF117 sowie im VHF-Tuner AF139 & AF106 zu finden. Im Hochspannungsgenerator sind neben den bekannten KU606 auch ein Austauschtyp 193DT2 eingezeichnet. Kennt diesen Transistor jemand?

Viele Grüße
mark1111
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004
17.02.2022, 11:56 Uhr
P.S.



@mark1111 <001> <003>
Hallo - noch ein (Ex- ?)Dresdner. Meine Elektromechaniker-Lehre habe ich tw. auch in der Meschwitzstr. zugebracht -> http://www.ps-blnkd.de/Lehrling.htm.

Zum "Color 20":
Themenleiter im ZRF (auch Meschwitzstr., in einer 2-Etagen-Baracke) war Horst Schlesier. Der hat auch ein Buch darüber geschrieben: "SECAM Farbfernsehempfang Grundlagen und Technik des Empfängers".
Gestern war ich im ISS - wir haben dort auch einen "Color 20" - und habe mal nachgeschaut. Tatsächlich wurden offensichtlich noch längere Zeit NSW-Übergangsimporte eingesetzt. Auf der Bild-ZF-Platine habe ich einen BF173 erkannt. Leider existiert die Rückwand nicht mehr, so daß keine Aussage zur Gerätenummer oder Herstellerjahr möglich ist.

Im Hochspannungsgenerator hatten sie wohl die meisten Probleme. Vorgesehen war zunächst 2x KT803A. Mit der exotischen Bauform gab's Kühlprobleme, dann wurden KU's eingesetzt. Vielleicht konnte TESLA nicht immer in den geforderten Stückzahlen liefern - der 193DT2 ist ein schneller Si-npn-Leistungstransistor 210V/10A/5MHz/85W.

@LoSch <002>
Danke für Deine Erkenntnisse aus dem Bereich "Real existierender Kapitalismus".
Solche Beispiele könnte man endlos fortsetzen - und das nicht nur aus dem Consumer-Bereich! Es gab in den 1950/60er Jahren mal eine HL-Firma "Intermetall" in Düsseldorf. Die haben sich dann an ITT "verkauft" und als das Innovationspotential nicht mehr ausreichte und der "Kuchen" immer mehr an die Konkurrenz verteilt wurde, hat der US-amerikanische Mutterkonzern Intermetall fallen lassen wie eine heiße Kartoffel ...
Der BF117 wurde übrigens auch von Intermetall hergestellt -> https://www.web-bcs.com/transistor/tc/bf/BF117.php?lan=de

Das Wissen der Menschheit gehört allen Menschen! -
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Aber - Unwissenheit schützt vor Strafe nicht! -
Gegen die Ausgrenzung von Unwissenden und für ein liberalisiertes Urheberrecht!
PS
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005
17.02.2022, 12:54 Uhr
RP



im Color 22 und er Chromat Serie waren nur noch KT805A im Hochspannungsgenerator eingebaut, mit der Kühlung hatten die Transistoren keine Probleme, es waren die Hochspannung Überschläge die die KU607 besser verkrafteten. Ich habe an Stelle des 50M teuren KT805A meist die KT802A verbaut die konnte ich bei Rema für 2,5M das Stück kaufen.
Für einen Umbau auf KU607 mussten die Kühlkörper neu gebohrt werden, das war mir zu aufwendig.

Bei Interesse kann bei mir noch ein Color 20 abgeholt werden.

Rolf
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006
17.02.2022, 13:22 Uhr
ggrohmann




Zitat:
RP schrieb
im Color 22 und er Chromat Serie waren nur noch KT805A im Hochspannungsgenerator eingebaut, mit der Kühlung hatten die Transistoren keine Probleme, es waren die Hochspannung Überschläge die die KU607 besser verkrafteten. Ich habe an Stelle des 50M teuren KT805A meist die KT802A verbaut die konnte ich bei Rema für 2,5M das Stück kaufen.
Für einen Umbau auf KU607 mussten die Kühlkörper neu gebohrt werden, das war mir zu aufwendig.



Ich habe sowohl KT802A als auch KT805A in den Chromats vorgefunden. Einmal hatte ich auch irgendwelche West-Typen drin, ohne Typenbezeichnung. Diese hab ich incl. Kühlblech in den Chromat von einem Kumpel verfrachtet, der TV lief damit bis Ende der 90er und wurde dann entsorgt, weil aus der Röhre fast nix mehr herauskam. Ende der 80er wurden auch KT808(A?) m TO3-Gehäuse verbaut - diese fand ich in besagtem Chormat vor. Beim Einbau der Transistoren durch den RFT-Service war ich zufälligerweise auch dabei. Der Techniker brachte die Transistoren auf einem (neu gebohrten) Kühlblech montiert mit und nahm das alte wieder mit. Bei dem besagten Chromat wurden diese beiden Transistoren aller paar Jahre gewechselt, dafür war die Röhre gut. Bei unserem Chromat gabs dafür aller paar Jahre eine neue Röhre, die beiden Transistoren gingen hingegen nie kaputt.

Guido
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007
17.02.2022, 13:36 Uhr
Rüdiger
Administrator



Zitat:
P.S. schrieb
Leider existiert die Rückwand nicht mehr, so daß keine Aussage zur Gerätenummer oder Herstellerjahr möglich ist.



Diese Angaben sind normalerweise nicht an der Rückwand, weil sonst gäbe es in einer Rundfunkwerkstatt, wo mehrere Geräte offen stehen, andauernd Verwechslungen.
Entweder kleben die Angaben innen im Gehäuse oder am Chassis.

Das Herstellerjahr kannst Du notfalls über das Datum der großen Elkos annähern (in der Hoffnung, dass die nie ersetzt wurden.
--
Kernel panic: Out of swap space.
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