000
03.10.2018, 08:27 Uhr
AE
Default Group and Edit
|
Zum 28. Jahrestag einer Deutschen Einheit:
Und hier eine 45 Jahre zurückliegende Etappe ("Nachtrab mit Handikap"):
Um nicht mißverstanden zu werden: Die abgebildeten westdeutschen Taschenrechner sind weder der erste dort hergestellte, noch der erste dort verkaufte! Bereits 1971 wanderten die ersten Taschenrechner der Firmen Canon, Busicom, Sharp, Sanyo und Bowmar für mehr als 1000 DM über bundesdeutsche Ladentische. Zum Jahresende 1972 hatten sich die Preise für vergleichbare Taschenrechner jedoch bereits halbiert. Der abgebildete Craig 4501 ist bis auf den Aufdruck identisch mit dem Bowmar 901B, dem ersten serienmäßig von einer amerikanischen Firma produzierten Taschenrechner. Bei meiner Recherche ermittelte ich: Wahrscheinlich stellte die Firma Franz Grigelat Elektrogeräte Rückersdorf bei Nürnberg den ersten Taschenrechner in der BRD in Serie her.
Hier eine Werbeanzeige für den Bausatz eines nachfolgenden Modells bereits mit Speicher:
Der Multiplus basiert auf dem Schaltkreis TMS0105 und stellt eine Umsetzung des von Texas Instruments vorgeschlagenen TMS0100-Konzepts dar (wie auch beim Bowmar 901B oder dem minirex 73). Etwas später wurde diese Gestaltungslösung dann von Interton Electronic Köln übernommen und in mehreren Versionen in größeren Stückzahlen produziert. Der oben abgebildete PC 2008 ist eine der Varianten, verwendet aber einen TMR012-Tachenrechner-Schaltkreis eines mir nicht bekannten Herstellers.
Nun noch zum im Foto enthaltenen electronic DC8: Dieser wurde in Hong Kong für das Versandhaus Neckermann hergestellt. Als Taschenrechner-Schaltkreis kommt ein CT5002 der kaliformischen Firma Cal-Tex Corp. zum Einsatz. Dieser benötigt nur eine Betriebsspannung von 6 V (pMOS, 1972!) und ermöglicht so die Speisung aus einer 9 V - Blockbatterie ohne Transverter. Von diesem Taschenrechner sind mir 5 Versionen bekannt. Das eigentliche Original ist der caltronic 812. Er wurde auch vom Quelle-Versand als privileg 812 verkauft.
Im Sommer 1972 entwickelte auch die Firma Dittel Meßtechnik Landsberg/Lech den elektronischen Taschenrechner W200 auf der Basis des TMS0100-Konzepts mit drei litronix DL33A als Anzeige und einer originalen TI-Tastatur-Baugruppe. Er war ab Herbst 1972 im Einzelhandel. Hier die von der MBO Büromaschinenvertriebsgesellschaft München verkaufte Version:
Die den Strom begrenzenden Widerstände und die LED-Module befinden sich auf der Rückseite der Leiterkarte.
Ein weiterer früher, bundesdeutscher Hersteller von elektronischen Taschenrechnern war die Helec Hunte electronic GmbH & Co. KG, Huntlosen/Oldenburg.

Auch ihr erstes Modell baut auf dem ursprünglichen TMS0100-Konzept auf: Die eine versorgungsspannung direkt von der Batterie, die zweite durch einen Transverter erzeugt, disreter Taktgenerator, Tastatur-Leiterkarte original von TI. Nur daß hier als Stellen- und Segmenttreiber diskrete Transistoren eingesetzt wurden. Als Anzeigebauelemente wurden zwei hp 5082-7415 LED-Module mit Lupen verwendet. In die Tastatur wurde eine rote LED zur Unterspannungsanzeige integriert.

Dieser Taschenrechner wurde mit anderer Tastengestaltung auch von Quelle als privileg electronic 2000 vermarktet.
Auch wenn es sich beim von den ARISTO-Werken Dennert & Pape KG aus Hamburg-Altona ab Herbst 1972 hergestellten M27-Taschenrechner nicht um den ersten in der BRD serienmäßig produzierten handelt, so verkörpert er jedoch etwas Besonderes. (Die Aussagen und Fotos beziehen sich auf die dritte und letzte Ausführung des M27)

Er soll vom Berliner Lehrer Hilmar Bentert entwickelt worden sein und beschränkt sich auf das rechentechnische Minimum. Obwohl auf einem TMS0105-Schaltkreis aufbauend, weist die äußere Beschaltung für den damaligen Zeitpunkt deutliche Eigenheiten auf: Die eine Betriebsspannung wird, wie üblich, der Batterie (fünf AA-Primärelemente) direkt entnommen (Batterie + = USS, - = UDD), ein minimalistischer, jedoch geregelter Transverter erzeugt nicht nur UGG, sondern gleich auch noch den Taktimpuls. Auf Segmenttreiber einschließlich der den Strom begrenzenden Widerstände wurde verzichtet. (Offensichtlich liefern die Segmentausgänge des TMS0105-Schaltkreises hinreichend Strom für die verwendeten 3stelligen 7-Segment-LED-Module vom Typ litronix DL33) Ein Spannungsteiler, ausgewertet mit einer 492-Treiberstufe, bringt bei einer zu geringen Restspannung der Batterie mittels einer open-collector-Transistorstufe alle Dezimalkommas zum Leuchten. Die positive Betriebsspannung der 492-Treiber wurde nicht angeschlossen.
Um mit nur einer Leiterkarte für den gesamten Taschenrechner auszukommen, wurde auf durchkontaktierte Lötaugen für die Anschlußbeine der Schalkreise verzichtet! Statt dessen diese nach außen umgebogen und Oberflächen montiert eingelötet. Nicht benötigte Anschlüsse wurden abgekniffen. Natürlich war solch ein Aufbau damals nur Hand bestückbar und manuell zu fertigen. Auch die Tastaturkonstruktion zeigt eine eigenständige Ingenieurlösung: Ein einziges Feinstanzteil realisiert für alle Tasten je einen federnden zweiseitigen Kontakt. (Augenscheinlich halten die Stellenausgänge des TMS0105-Schaltkreises die Belastung bei gleichzeitigem Drücken mehr als einer Tasten aus) Kurzschlüsse verhindert eine Lochschablone aus Hartpapier.
Der Zugang zur Batteriekammer zwecks Ersatz verbrauchter Elemente erfolgt werkzeuglos mit einer Münze. Die Anzeige und Tastatur werden mit einem durchsichtigen Kunststoffdeckel geschützt, der bei Gebrauch des Taschenrechners auf der Rückseite geparkt werden kann. Die für den M27-Taschenrechner gefundenen konstruktiven, technologischen und gestalterischen Lösungen fanden weitgehend auch Verwendung in der ab 1973 produzierten ersten Typenreihe. [Mehr dazu hier: www.hh.schule.de/metalltechnik-didaktik/museum/taschenrechner/aristo.htm] . Der TRIUMPH (ADLER) 80 ist wahrscheinlich das erste Taschenrechner-Modell, das unter deutschem Markennamen ab Sommer 1972 für ca. 400 DM im Handel angeboten wurde. Hersteller (OEM) war OMRON TAITESI ELECTRONICS Co. (Tokyo/Japan). OEM = original equipment [u]m/[]anufacturer. So wird ein Wirtschaftsgebaren bezeichnet, bei dem überwiegend ein Handels- oder Vertriebsunternehmen eine andere Firma oft bei Vorgabe von Gestalt und Funktion mit der Herstellung einer Ware beauftragt, um sie dann unter eigenem Markennamen möglichst Gewinn bringend zu verkaufen. .
 . Der TRIUMPH (ADLER) 80 stellte ein Basismodell dar. Er ermöglichte die vier Grundrechenarten mit bis zu achtstelligen Operanten in Fließkomma-Darstellung bei kaufmännischer Eingabe. Weiterhin hatte er eine Vornullen-Unterdrückung und einen zuschaltbaren Konstanten-Modus. Die eingebaute NiCd-Akkumulatoren-Batterie (5 * 1/2 AA) ermöglichte mehr als 3 Stunden Netz unabhängigen Betrieb. Das alles war im Sommer 1972 bereits Standard. Seine Besonderheiten zeigen sich erst im Inneren: .
. Den Taschenrechner-Schaltkreis ließ OMRON in einem eigenen Entwicklungsbereich (Omron Research and Development Inc., Mountain View/CAL/USA) konzipieren und dort bei Nortec Elctronics (Santa Clara/CAL/USA) auch fertigen. www.dentaku-museum.com/calc/calc/9-omuron/omron/omron.html Dieser Schaltkreis brauchte nur eine Betriebsspannung von 6 V (1972!). Somit konnte ein Transverter entfallen. Allerdings erzeugte ein diskreter Generator den erforderlichen, nicht überlappenden 2-Phasen-Takt mit ca. 12 V Amplitude (durch Spannungsverdopplung. Auf dem Foto links unter dem IC). An der linken oberen Ecke der Leiterkarte befindet sich der Schaltungsteil zur Unterspannungsdetektion. Die Anzeige erfolgte mit 3 3stelligen 7-Segment-LED-Modulen DL33A von Litronix. Sowohl die Segment-, als auch die Stellenströme wurden mittels Hybridschaltungen von Rohm erzeugt. Bemerkenswert ist der Einsatz nur einer zweiseitigen, durchkontaktierten Leiterkarte. Die Leiterzüge waren vergoldet und wurden auch als Kontakte für eine Folientastatur genutzt (1972!). Die orange Zwischenlage diente als Elastomer-Feder. Diese einzelnen konstruktiven Lösungen waren ihrer Zeit deutlich voraus! Doch waren sie für den einsetzenden Preiskrieg bei den Taschenrechnern offensichtlich in der Realisierung noch zu teuer, denn OMRON kehrte bei den in den folgenden Jahren hergestellten Modellen auf konventionellere Lösungen zurück. Dieser Beitrag wurde am 07.02.2022 um 15:22 Uhr von AE editiert. |