Computer R4201

(Alias R 4201, KRS 4201, robotron 4201, KRS4201)

Der R4201 war die Weiterentwicklung des R4200 und hatte ebenfalls eine Busbreite von 16 Bit. Er wurde er wiederum im Robotron-Werk in Radeberg von 1973 bis 1983 gebaut, in ca. 1300 Exemplaren.
Gegenüber dem R4200 konnte der R4201 eine umfangreichere Peripherie ansteuern und mit mehr Speicher ausgerüstet werden. Er gehörte außerdem in die selbe Rechnergruppe wie der R4000.


2-Schrank-Rechner R4201

Arbeit am R4201. Im Vordergrund zwei PBT4000.

Rechenzentrum mit 1-Schrank-R4201 (Bildmitte)

Der R4201 wurde außer als Prozessrechner auch als universeller Rechner für wissenschaftlich-technische und ökonomische Berechnungen benutzt. In Verbindung mit ESER-Rechnern wurde er auch unter dem Namen unter dem Namen EC8404 als Datenübertragungs-Prozessor eingesetzt.


Aufbau der Schränke

Äußerlich gab es drei Varianten: Die Schränke waren untereinander verschraubt und konnten mit verschiedenen Einheiten bestückt werden, die herausschwenkbar in Rahmen (Paneele) eingesetzt waren.

Die Einschrankvariante enthielt oben die Stromversorgung, vorn unten das Prozessorhalbpaneel und darüber ein Ein/Ausgabe-Halbpaneel. Auf der Schrankrückseite war der Kernspeicher untergebracht.

Die Zweischrankvariante enthielt im Prozessorschrank vorn unten den Prozessor, darüber die Anschlusseinheit (externer Speicherkanal) für die Wechselplattenlaufwerke bzw. die Magnettrommelspeicher. Auf der Rückseite befand sich der erste Kernspeicher und darüber die gemeinsame Stromversorgung. Im zweiten Schrank konnten zwei Halbpaneele zur Ein/Ausgabe und ein weiterer Kernspeicher oder vier Halbpaneele zur Ein/Ausgabe untergebracht werden. Außerdem fand sich hier der Platz für ein weiteres Stromversorgungsmodul samt Spannungsanzeige. Falls der Rechner zwei Kernspeicher hatte, gab es im zweiten Schrank einen Busverteiler für die Kernspeicher. Außerdem einen Busverteiler für die Ein/Ausgabeeinheiten.

Die Dreischrankvariante ähnelt der Zweischrankvariante, nur konnten im dritten Schrank noch ein Kernspeicher sowie weitere Halbpaneele zur Ein/Ausgabe untergebracht werden.

Der erste Schrank (ZVE, 16 kW RAM) kostete 183.480,- Mark, der zweite Schrank (16 kW RAM, PK-Verzweiger) 159.060 Mark, Leerschränke schlugen mit 5.417 Mark zu Buche. Die Baukosten für das Kleinrechenzentrum lagen bei ca. 250.000 Mark, die Kosten für die Rechentechnik lagen bei ca. 1 Mio. Mark.


Prozessor

Der Prozessor kannte 53 Befehle (Untermenge des R4000) und wurde aus ICs der TTL-Klasse (einfache Gatter) zusammengesetzt.


Prozessoreinheit, Außenseite

Prozessoreinheit, Innenseite (Abdeckblech abgenommen).

Eine der R4201-Platinen

Die Zykluszeit betrug 1,3µs. Hier einige typische Rechenzeiten: Damit konnte der R4201 ca. 380.000 Operationen pro Sekunde ausführen.

Speicher

Der Speicher war ein Ferritkernspeicher mit einem Speicherring-Durchmesser von 0,5 mm. Er konnte modulweise in Blöcken von 4 kWorten (8 KByte) oder 8 kWorten (16 KByte) bis auf eine Größe von 16 kWorten (32 KByte) ausgebaut werden. Die Adressierung des Speichers konnte direkt, indirekt und indiziert erfolgen.


Kernspeichereinheit im eingebauten Zustand

Kernspeichereinheit, Draufsicht

Kernspeichereinheit, geöffnet.

In der 2-Schrank-Variante und 3-Schrank-Variante konnte der Rechner einen weiteren Kernspeicher haben.


Ein/Ausgabemodule

Sie dienten der Ankopplung externer Geräte. Am verbreitetsten verbreitet waren Anschlüsse in Form von Rundsteckern auf Basis des SIF1000-Interfaces. Dies betraf z.B. Drucker SD1156, Bedienschreibmaschine SM4000, Bediendrucker BD4000, Lochbandgeräte daro1210 und daro1215 sowie Magnetbandeinheiten MBE4000.

Die Elektronikmodule waren in Steckeinheiten als sog. Halbpaneele ausgeführt. Zwei Halbpaneele wurden jeweils übereinander in einen Schwenkrahmen (Paneel) eingebaut. Die Stromversorgung der Halbpaneele erfolgte separat: entweder direkt aus dem Netzteil oder über eine Verteilerschiene. Busseitig waren die beiden Halbpaneele meist über eine Flachbandkabel verbunden. Die Kopplung der Paneele untereinander wurde über eine spezielle Busverteilereinheit realisiert.


Interface-Einheit im eingebauten Zustand

Interface-Einheit, Innenseite

Welche Halbpaneele eingesetzt wurden, erfolgte weitgehend nach Kundenwunsch. Robotron bot zur Ein/Ausgabe folgende Halbpaneele an:

NameInhaltPreis
AZVE7.310,-
B1x AS1a, 1x AS1n, 1x AS37.310,-
C1x AS1a, 1x AS2, 1x AS36.995,-
D1x AS1a, 3x AS27.181,-
E1x AS48.075,-
F1x AS1a, 1x AS1, 1x AS57.390,-
H1x AS1a, 1x AS1, 1x AS27.727,-
J1x AS1a, 3x AS17.882,-
K1x AS1a, 3x AS87.260,-
M3x AS7w9.620,-
N3x AS7s5.610,-
P2x AS1, 1x AS97.183,-
SESK33.000,-


Ein Paneel beinhaltete eine oder mehrere Anschlusssteuerungen:

AS1nSIF1000-Schnittstelle, zum Anschluss von SM, LBL, LBS, MBE4000, 15.000 Zeichen/s, 7 Bit, Parität gerade, max. 8 Stück, max. 20 m Kabellänge, zwei Eingangsschnittstellen und zwei Ausgangsschnittstellen pro AS, KME3-Pegel
AS1aabgerüstete AS1n, zum Anschluss von SM, LBL, LBS, 10.000 Zeichen/s, 7 Bit, Parität gerade, max. 8 Stück, max. 20 m Kabellänge, zwei Eingangsschnittstellen und zwei Ausgangsschnittstellen pro AS, KME3-Pegel
AS1dabgerüstete AS1n, zum Anschluss von Druckern SD1156, 15.000 Zeichen/s, 7 Bit, Parität gerade, max. 8 Stück, max. 20 m Kabellänge, zwei Ausgangsschnittstellen pro AS, KME20-Pegel
AS1fabgerüstete AS1n für entfernt aufgestellte Bedienschreibmaschine SM4000, 250 Zeichen/s, 7 Bit, Parität gerade, max. 8 Stück, max. 1000 m Kabellänge, zwei Eingangsschnittstellen und zwei Ausgangsschnittstellen pro AS,KME3-Pegel
AS2hAnschluss für System System daro1600, 16.000 Zeichen/s, 8 Bit, max. 12 Stück, max. 20 m Kabellänge, KME20-Pegel
AS2rAnschluss für Direktkopplung zweier R4201 (redundante Systeme), 16.000 Zeichen/s, 8 Bit, max. 12 Stück, max. 20 m Kabellänge, TTL-Pegel
AS3 Schnittstelle SI2.2, zum Anschluss URSADAT4010 oder Hybridrechner, 40.000 Worte/s, 16 Bit, max. 1 Stück
AS4Interface SIF ESER, zur Kopplung mit ESER-Rechnern, 120.000 Zeichen/s, 8 Bit, max. 1 Stück
AS5Anschluss SI1.2 (IMS1) zum Anschluss von NC-Maschinen, Labor- und Messgeräten, 100.000 Doppelworte/s, 32 Bit, max. 1
AS6Anschluss von Laborgeräten mit KME10-Pegel sowie zur R4201-Rechnerkopplung (redundantes System), 4 Binärleitungen, max. 1 Stück
AS7 (s,w)Interface S1 zum Anschluss von Datenübertragungsgeräten (z.B. Fernschreibtechnik), 50-100 Bd, 5 Bit, max. 12 Stück
AS8 (s,w)Interface S2 (V.24), zum Anschluss von Datenübertragungsgeräten, 1200 Bd, 7 Bit, max. 12 Stück
AS9Anschluss von Lochkartentechnik
ESKdirekter Speicherzugriff, zum Anschluss von Magnettrommelgeräten und Wechselplattengeräten, 80.000 Zeichen/s, 16 Bit, max. 1 Stück


Stromversorgung

Die Hauptstromversorgung befand sich oben im Prozessorschrank und versorgte alle Halbpaneele entweder im direkten Anschluss oder über ein zwischen den Schränken befestigtes Verteilerfeld. Primärseitig wurde die Stromversorgung über einen Schaltschütz gesteuert, der die Einschaltung der Anlage bewirkte: Eine Ausschaltung der Anlage konnte entweder erfolgen durch: Die Hauptstromversorgung war mit einem dicken Eisenkerntrafo aufgebaut, der viele Sekundärwicklungen besaß, aus den über Gleichrichter und analoge Längsregler die benötigten Ausgangsspannungen (+5V, +6V, +12V, +30V, -5V, -12V, -20V) gewonnen wurden. Die Spannungen besaßen elektronische Sicherungen, die bei Überlast abschalteten. Zur Kontrolle der Werte war auf der Vorderseite ein in % geeichtes Messgerät vorhanden, über einen Wahlschalter war vorher die gewünscht Spannung auszuwählen.


Steuereinheit der Stromversorgung

Zur Kühlung hatte der R4201 Lüfterbänke, die mit jeweils zwei mit Netzspannung laufenden Ventilatoren samt zugehörigen Wärmesensoren bestückt waren. Eine Lüfterbank kühlte im 1. Schrank Netzteil und Prozessor, eine weitere den Kernspeicher. Im 2. und 3. Schrank waren Lüfterbänke jeweils vorn und hinten eingebaut. Meldete ein Wärmesensor eine Überhitzung des Gerätes, wurde nach einer Zeitverzögerung der Rechner heruntergefahren. Ggf. konnte dabei eine Rettung der Register in den Kernspeicher erfolgen, wodurch bei Wiederanlauf eine Fortsetzung der Arbeit an der unterbrochenen Stelle möglich war.

Bedieneinheit

Die Bedieneinheit des Rechners, die sich als Kasten auf einem Stiel über dem Rechner befand, enthielt folgende Funktionen:

Bedienpult des R4201



Bedienung

Nach dem Einschalten des Rechners erfolgten die ersten Schritte mit der rechnereigenen Bedieneinheit. Wurde der Rechner an definierter Stelle ausgeschaltet, konnte das Programm, das die Ausschaltphase im Kernspeicher überlebte, an der zuvor beendeten Stelle fortgesetzt werden. Befand sich zumindest noch der Urlader im Kernspeicher, konnte mit seiner Hilfe ein Betriebssystem von Lochband geladen werden. War das Urladerprogramm auch nicht mehr vorhanden, musste es mit den Tasten der Bedieneinheit neu eingetippt werden.

Der R4201 hatte keine direkten Bildschirm- und Tastaturanschlüsse. Die Interaktion mit dem Betriebssystems erfolgte daher entweder über eine Bedienschreibmaschine oder einen Bediendrucker. Später konnten auch Terminals PBT4000, UVT4000 oder eine modifizierte Variante des K8911 anstelle der druckerorientieren Geräte eingesetzt werden, was schnellere Ausgaben sowie Einsparung von Papier ermöglichte.


R4201 im Rechenzentrum

Bei Mehrnutzersystemen konnten entsprechend mehrere Bediendrucker oder Terminals angeschlossen und parallel betrieben werden.


Externe Geräte

Die externen Geräte waren für alle Rechner der Robotron-4000-Serie gleich. Mehr Informationen darüber gibt es auf einer separaten Seite.


Arbeit am R4201: Bedienschreibmaschine,
Magnettrommelgeräte, Magnetbandturm



Einsatz als Datenübertragungsprozessor EC8404 (MPD4)

(Alias EC 8404, EC-8404, ES8404, ES 8404, ES-8404)

In dieser Konfiguration arbeiteten der R4200 oder der R4201 als Datenübertragungsprozessor für ESER-Rechner und ermöglichten den simultanen Zugriff auf Daten-Ein- und Ausgabegeräte. Die Kopplung mit dem ESER-Rechner erfolgte über dessen Multiplexkanal. Im Gegensatz zu anderen MPD zeichnete sich der MPD4 auf Basis des KRS durch seine Flexibilität aus. Die Hauptarbeiten des EC8404 waren: Nachfolger des MPD4 war der EC8404.M1. Vom MPD4 hat ein Exemplar bis heute überlebt.

Konfiguration

EDVA-Interface

Über ein Paneel AS4 erfolgte die Kopplung mit dem Multiplexkanal der ESER-EDVA. Die AS4 übertrug jeweils ein 16-Bit-Wort zwischen dem MPD-Hauptspeicher und der EDVA und löste danach die logische Verbindung zu deren Kanal wieder. Außerdem überwachte die AS4 das Interface und übermittelte Sonderzustände an das MPD-Steuerprogramm.

Geräteseitige Interfaces

An den MPD4 konnten bis zu drei geräteseitige AS angeschlossen werden. Zum Anschluss von Abonnentengeräten konnte der MPD4 mit AS2, AS7 und AS8 ausgerüstet werden. Dabei wurde auf die Standard-Halbpaneele des Herstellers zurückgegriffen. Daher konnten folgende Paneele zum Einsatz kommen:
D(4x AS1a, 3x AS2)
K(1x AS1a, 3x AS8)
M(3x AS7w)
N(3x AS7s)

Anschließbare Geräte

MPD-Steuerprogramm

Hiermit wurde eine Verlagerung von Leitungs- und Nachrichtensteuerfunktionen aus der EDVA in den MPD realisiert und die EDVA entlastet. Das Steuerprogramm bestand aus mehreren Komponenten, die über einen gemeinsamen Speicherbereich miteinander kommunizierten. EDVA-seitig reagierte der MPD auf Unterbrechungsanforderungen der EDVA. Geräteseitig erfolgte eine zyklische Abfrage der angeschlossenen Geräte anhand einer Bedienliste im Steuerprogramm. Durch die interne Pufferung der Daten und Fehlererkennung war eine gewisse autonome Fehlerbehandlung sowie Anforderung von Textwiederholungen möglich. Die Funktionen des Steuerprogramms waren auf die jeweiligen DFV-Zugriffsmethoden des angeschlossenen ESER-Rechners abgestimmt. Für den MPD4 wurden folgende Steuerprogrammvarianten entwickelt:

Einsatz als Datensammelsystem R4220 (DSS 4220) bzw. R4230 (DSS 4230)

(Alias R 4220, R-4220, DSS4220, DSS-4220, R 4230, R-4230, DSS4230, DSS-4230, robotron 4230, K 8515, K-8515)

Eine Sonderanwendung des R4201 (oder alternativ der R4000) war das Bündeln von per Tastatur eingegebenen Daten. Dazu wurden maximal 14 mit einer speziellen Firmware ausgestattete Terminals PBT4000 über einen Konzentrator K8515 angekoppelt. Die Bediener tippten die Daten per Tastatur ein, die Bedienerführung erfolgte per Bildschirm. Der R4201 nahm die Daten entgehen, machte ggf. Berechnungen daran und speichert sie ab (vermutlich primär auf Magnetband). Die Magnetbänder wurden dann in einen Großrechner zur weiteren Verarbeitung eingelesen.


Zwei Terminals eines R4230-Systems

Datensammelsystem R4230

Arbeit am R4230

Die Terminals konnten aufgrund ihrer IFSS-Schnittstelle bis zu 500m entfernt sein, bei Nutzung von GDNs sogar noch weiter. An die Terminals konnten bei Bedarf Drucker SD1154 angeschlossen werden.

Vorgänger des R4230 waren Räume voller einzelner Lochkartenstanzer (Lochersäle). Nachfolgeprojekt des R4230 war der Computer A5220.

Mit Ausnahme der Terminalsoftware scheinen keine Komponenten eines R4220 bzw. R4230 bis heute überlebt zu haben.


Software

Für die Rechner der R4000-Serie wurde von Robotron eine Reihe recht teurer Betriebssysteme entwickelt: Die Programmierung wurde meist in der Assemblersprache SYPS gemacht (wobei die Umsetzung in Maschinencode häufig auf dem Papier gemacht wurde). Außerdem gab es einen FORTRAN-Compiler, die Programmiersprache DIWA sowie einen BASIC-Interpreter.

Es gab das Emulationsprogramm SIMC, mit dem Software des Computers C8205 auf dem R4201 ausgeführt werden konnte, das Programm SIMZ zur Emulation des Computers C8205Z und das Programm SIMR zur Emulation des R300-Rechners.


Verbleib

Vom R4201 sind heute noch sechs Exemplare bekannt.
Im Jahr 2005 gelang die Rettung einer dieser Rechneranlagen aus dem ehemaligen Dieselmotorenwerk Schönebeck und im Jahr 2006 die Rettung eines Rechners aus den NILES-Rechenzentrum in Berlin. Letzterer wird seitdem im Rechenwerk Halle schrittweise restauriert.

Leider haben zu R4201 nur wenige Programme überlebt.
Wer besitzt noch Software für den R4201?


Letzte Änderung dieser Seite: 10.05.2023Herkunft: www.robotrontechnik.de